Auf der Chopin Route
Plock war die erste Stadt, die von dem 17-jährigen Frédéric Chopin während seines Ausflugs nach Danzig im Juli 1827 besucht wurde. Obwohl diese Stadt Masowiens nicht genau auf dem Wege seines Ausflugs gelegen war, wurde sie wegen ihrer interessanten Denkmäler besucht. Der von Chopin an seine Familie in dem nahen Kowalewo geschriebene und auf der Plocker Post aufgegebene Brief ist eine Bestätigung des Aufenthalts Chopins in Plock.
Die malerisch auf dem hohen Weichselkliff angelegene Stadt Plock liegt auf der Chopin-Route, die Masowien durchläuft. Die uralte Hauptstadt Masowiens zieht heute nicht nur mit der herrlichen Geschichte und Denkmälern an, die fast zwei Jahrhunderte früher von Chopin bewundert wurden.
Plock ertönt mit Musik. Ende des 19. Jahrhunderts komponierten hier Eugenius Gruberski und Wacław Lachman. Hier finden hier zahlreiche Konzerte und Festivals statt, auch der klassischen Musik. Das Festival der einstimmiger Musik, die Plocker Tage der Chormusik oder das Sommermusikfestival sind nur einige zahlreicher Musikveranstaltungen, die in der Stadt stattfinden. Im Chopin-Jahr 2010 gab u.a. der berümte Klavierspieler, Kevin Kenner (USA), ein Konzert zusammen mit dem Plocker Symphonieorchester. In der Sammlung des Masowischen Museums befindet sich die Plocker Fidel aus dem 16. Jahrhundert, eines der ältesten Saiteninstrumente, die in Europa gefunden wurden.
Plock hat veles anzubieten. Es lohnt sich, von dem festen Wege abzubiegen und hier für länger bleiben, um die Stadt zu besuchen und ihre einzigartige Atmosphäre kennenzulernen.
Im Sommer 1827 wurde Plock von dem damals 17-jährigen Frédéric Chopin besucht. Frédéric studierte damals an der Warschauer Hochschule für Musik. Sein Lehrer, Prof. Józef Elsner bezeichnete seine Fähigkeiten als besondere Begabung. Im April 1827 verstarb an Tuberkulose seine 14-jährige Schwester Emilia, derer Taufpate Ksawery Zboiński, der Freund des Vaters Frédérics, war.
Während seines Sommerausflugs nach Danzig hielt sich Frédéric für ein Paar Tage in dem Gutshaus der Familie Zboiński in Kowalewo (in dem Plocker Powiat) auf. Aus dem erhalten gebliebenen Brief wynika, dass der Gastgeber fühlte sich verpflichtet, seinem Gast die Umgebung zu schauen. Die Fahrt nach Danzig begannen sie in der historischen Stadt Plock.
In die Stadt fuhren sie den Bielsker Weg hinein. Der Graf Zboiński kannte die Stadt sehr gut, weil seine Vorfahren und Verwandte: Ignacy Zboiński (der Plocker Woiwode), Maksymilian Sierakowski, Franciszek Zboiński viele Jahre lang das Amt des Plocker Kastellans bekleideten. Ksawery, der ausgebildete Historiker, wurde Stadtführer für seinen jungen Gast.
Der Bürgermeister der damals 10.000 Einwohner großen Stadt war damals Florian Kobyliński, der Vorsitzende der Kommission für die Plocker Woiwodschaft, der damaligen Verwaltungsbehörde. Bearbeitet wurde damals die Raumordnung der Stadt, dessen Mittelpunkt das klassizistische, auf einem neuen Platz in den Jahren 1820-1825 erbaute Rathaus, der Altmarkt, der Kanonikenmarkt, und die Brückenstraße zusammen mit einigen Dutzend Straßen gepflastert wurden.
Im Jahre 1827 gab es in Plock 484 Gebäude, u.a. 127 hölzerne Häuser. Der Rest waren gemauerte Häuser oder Fachwerkhäuser. Ihre Werkstätten hatten hier 485 Handwerker. Die Einwohner konnten in zwei Parken spazierengehen: hinter der ehemaligen Benediktinerabtei und vor dem Gebäude der Kommission für die Plocker Woiwodschaft.
Die Stadtbesichtigung began Chopin auf dem Altmarkt, dem Mittelpunkt der Stadt, auf dem das neue, nach Entwurf Jakubs Kubicki umgebaute Rathaus (Jakub Kubicki war auch Erbauer des Warschauer Belvederes). Chopins Aufmerksamkeit zog die sich neben dem Rathaus befindende Kirche des Heiligen Bartholomäus an. Die älteste Plocker Pfarrkirche wurde von dem König Kasimir dem Großen gestiftet, und von dem Plocker Bischof Klemens im Jahre 1356 geweiht. Die ursprünglich gotische Kirche wurde im Jahre 1723 im Spätbarockstil umbegebaut.
Richtung Kathedrale gingen Frédéric und sein Stadtführer an der Männerwoiwodschaftsschule (heutzutage das Allgemeinbildende Lyzeum Marschall Stanisław Małachowski) vorbei. Der Rektor der Schule war damals Kajetan Morykoni, der MItgründer der Plocker Wissenschaftsgesellschaft und der Gesellschaft der Schulenbarmherzigkeit, die die ärmsten Schüler unterstützte.
Ksawery Zboiński erzählte seinem Gast viel über die sehr alte Schule (heutzutage als die älteste Schule anerkannt), die an der Stiftskirche des Heiligen Michael um 1180 gegründet wurde. Die Schule wurde durch den Benediktinerorden, Regularkanonikerorden, und den Jesuitenorden geführt. Im Jahre 1773 wurde sie durch die staatliche Kommission für die Nationalbildung übernommen.
Einer der Lehrer war Wojciech Szweykowski, der spätere Rektor der Warschauer Universität, und zu den Schülern gehörte u.a. Wincenty Hipolit Gawarecki, der Historiker Masowiens, dessen im Jahre 1827 ausgegebenes Buch „Grabstätten der polnischen Könige in Plock” auch für Chopin bekannt sein konnte. In dem Buch wurde eine Zeichnung der Sarkophage gesetzt. Im Vorwort schrieb Gawarecki: „Krakau, Posen, Kalisz, Warschau in dem Königreich Polen, Vilnius in Litauen, einst Hauptstädte der Könige und souveränen Fürsten, szczycą się die Grabstätten der Herrscher Polens. Die Nationalgeschichte verweigerte auch diese Ehre nicht für Plock.”
In den Chopin-Zeiten hatte anfangs die Plocker Wissenschaftsgesellschaft seinen Sitz in der „Małachowianka”. Die Gesellschaft wurde am 3. Juni 1820 von dem bereits erwähnten Rektor Morykoni und dem Bischof Adam Prażmowski gegründet. Auf Initiative der Mitglieder der Plocker Wissenschaftsgesellschaft (TNP) wurde im Jahre 1821 das öffentliche und Schulenmusem der Plocker Woiwodschaft gegründet (heutzutage das Masowische Museum, das als das älteste, öffentliche Museum Polens anerkannt wurde).
Heutzutage ist das Masowische Museum für die größte in Polen Jugendstilkollektion berühmt. In der Sammlung gibt es auch viele als Chopinalia bezeichneten Andenken, die mit dem Komponisten verbunden sind, u.a. der Bronzeabguss des Fryderyk-Chopin-Denkmals, der sich in dem Łazienki Park in Warschau befindet. Der 1908 entworfene Abguss stammt von 1922 und wurde in einer römischen Gießerei von unter Aufsicht des Meisters Wacław Szymanowski geschaffen. Das Musem besitzt auch in seiner Sammlung ein Ölgemälde von Feliks Michał Wygrzywalski von 1910, das den Klavier spielenden Chopin darstellt.
Die Woiwodschaftsschule befand sich in der Nachbarkeit des Theaters für 800 Zuschauer, das Kulturzentrum der Stadt war. Neben dem Theater bafand sich der Bischofspalast, der später für die Plocker Gerichte eingerichtet wurde.
Der kleine Frédéric war sehr an der Kathedrale interessiert, die schon 1144 geweiht und vielmals umgebaut wurde. Seine Aufmerksamkeit zog die erst zwei Jahre früher auf Initiative des Bischofs Adam Prażmowski ausgestattete Königlichen Kapelle, in der nach der festlichen Totenmesse schwarze Marmorsarkophage mit Piastenadler (von Zygmunt Vogel entworfen) mit den Gebeinen der zwei ponischen Herrscher Władysław I. Herman und Bolesław III. Schiefmund gelegen wurde.
Die auf Initiative des Bischofs Alexander von Malonne in den Jahren 1126-1141 erbaute Kathedrale aus Stein in der Renaissance (1531-1534) umgebaut und in den Jahren 1902-1903 restauriert. Die Kathedrale gehört zu den Schätzen der religiösen Architektur Polens.
Gegenüber, in der ehemaligen Benediktinerabtei und dem Schossgebäude befindet sich heute das Diözesan-Museum. Ihre Sammlung beherbirgt ca. 12.000 Exponate der Sakralkunst, u.a. Kelche, Monstranzen, als auch Denkmäler der schriftlichen Kunst, z.B. die Plocker illuminierte Bibel aus dem 12. Jahrhundert. Eine mit Chopin verbundene Besonderheit ist ein Klavier aus der Epoche, das in dem bekannten Film von Aleksander Ford „Młodość Chopina” aus dem Jahre 1951 „gespielt” hat.
Am Freitag (nur donnerstags wurde die Post aus Warschau gebracht), dem 6. Juli 1827, holte Chopin auf der Post seine Korrespondenz ab, und gab einen Brief an die Eltern auf. Auf dem Briefumschlag, und tatsächlich auf der 4. Seite des Briefes (damals war es schon gewöhnlich, den Brief in den Umschlag zusammenfalten) steht die Addresse und Amtsstempel: PLOCK 8 IULI.
Frédéric machte sich auf den weiteren Weg zum Landgut der Familie Jeżewski in Rościszewo, indem er in den befreundeten Gutshäusern übernachtete. Auf der Reise nach Danzig wurde Chopin von Ksawery Zboiński, Antoni Sierakowski und Ignacy Dembowski begleitet (ein 17-jähriger Junge durfte außer Grenzen des Königreichs selbt nicht verreisen).
Die Masowische strony besuchte er nochmals im Sommer 1828, den er in Sanniki, dem Gutshaus einer befreundeten Familie Pruszak verbrachte.
Kowalewo, Freitag
Liebe Eltern und meine liebe Schwesterchen.
Wenn ich mich guter Gesundheit erfreue, und Herrn Zboiński gelbe Äugelchen verlassen. Wenn wir nach Plock fahren, wäre ich verrückt, wenn ich davon nicht erzählen würde. - Heute also in Plock, morgen in Rościszew, übermorgen in Kikole, ein Paar Tage in Turzyn, ein Paart Tage in Kozłów und ein Moment in Danzig, und zurück! […] - Es gibt jedoch keinen Brief aus Warschau; heute in Plock überprüfe ich die ganze Korrespondenz, bloß dass es etwas für mich gibt. […] Ich bin so an allem interessiert, ganz wie ein Weib. Aber was soll ich dann machen, wenn der Hund kein Fleisch bekommt, der Hund fastet, und was kann er mehr machen, hierhin und dothin gehen, um etwas ze essen zu suchen? Nach Plock fahre ich auch, um Fleisch zu bekommen. Ich vermute, dass Sie nich gewußt haben, dass die letzte Post in Lato wartet. Jetzt geht es lange onhe Schreiben! Ich werde mich nicht bemühen, weil es schwierig ist, zu wissen, wo man mich suchen soll, aber ich, regelmäßig, jeden Schritt schreibe ich etwas und sage Bescheid, wie man adressieren soll, so dass ich den Brief become. - Herrn Zboiński Meinung nach, kann man über Toruń, Schwetz nach Kozłów schriben, um ein Briefchen bekommen, wenn wir an Ort und Stelle sein werden. […]
Ich wollte Euch, meine Schwesterchen, meinen Waltz schicken, aber jetzt habe ich keine Zeit, zu komponieren, weil wir jetzt einsteigen. Es ist 8 Uhr Morgen (niemals stahen vir bevor 7 Uhr auf). Es gibt frische Luft, die Sonne scheint wunderschön, Vögel zwitschern. Es gibt keinen Bach, anders würde er brummen. Weil das ein Teich ist, höre ich die Frösche wunderschön singen! […]
F.Chopin, Schwesterchen,